CO₂-Kompensation bei Flugreisen: Eine Lösung oder Augenwischerei?

© Bild erstellt von Midjourney.

Der Flugverkehr trägt durch den Ausstoß an Treibhausgasen erheblich zur Erderwärmung bei: Neben CO₂ entstehen in großen Mengen auch andere klimaschädliche Stoffe wie Stickoxide und Wasserdampf, die ebenfalls zu einer negativen Veränderung der Atmosphäre beitragen.(3) Um dem entgegenzuwirken, bieten viele Organisationen CO₂-Kompensationen an, in deren Rahmen die Flugreisenden für Klimaschutzprojekte spenden. Doch wie wirksam ist diese Methode wirklich?

Was ist CO₂-Kompensation?

CO₂-Kompensation bedeutet, dass die durch eine bestimmte Aktivität, z. B. eine Flugreise, entstandenen Emissionen durch Investitionen in Klimaschutzprojekte ausgeglichen werden. Diese Projekte können zum Beispiel Aufforstungen, den Ausbau erneuerbarer Energien oder Maßnahmen zur Erhöhung der Energieeffizienz in Entwicklungsländern umfassen.(2) Anbieter wie Atmosfair, myclimate und Klima-Kollekte sowie viele weitere bieten solche Kompensationen an und setzen zum Teil zertifizierte Standards wie den „Gold Standard" ein, um die Qualität und Wirksamkeit der Projekte sicherzustellen.(1, 2)

Probleme der CO₂-Kompensation

Kritiker betonen, dass CO₂-Kompensationen häufig nicht ausreichen, um die tatsächlichen Auswirkungen des Flugverkehrs auf das Klima zu neutralisieren. Ein Grund dafür ist eine manchmal fehlerhafte Einschätzung sowie Berechnung des Beitrags, den die Projekte zum Klimaschutz leisten.(4,6) Der Grund dafür wiederum ist die unzureichende Berücksichtigung sogenannter „Nicht-CO2-Effekte“, die dadurch entstehen, dass neben CO2 auch Stickoxide, Wasserdampf und Aerosole in großen Mengen freigesetzt werden. Diese verstärken den Treibhauseffekt und führen dazu, dass die tatsächliche Klimawirkung des Fliegens etwa zwei- bis fünfmal höher ist als der reine CO₂-Ausstoß.(3) Ein weiteres Problem ist die unzureichende Transparenz und Qualität vieler Kompensationsanbieter. Während es Zertifizierungen wie den „Gold Standard“ gibt, der hohe Qualitätskriterien sicherstellen soll, bleiben häufig viele Fragen zur tatsächlichen Wirkung der Kompensationen offen. Beispielsweise ist es oft schwer nachzuvollziehen, ob Projekte auch langfristig den versprochenen Nutzen für den Klimaschutz bringen. Zudem zeigt sich, dass viele Kompensationsprojekte in Entwicklungsländern stattfinden, wo die Umsetzung zwar kostengünstiger ist, dies jedoch nicht immer zu einer nachhaltigen Lösung führt. Das liegt unter anderem daran, dass autokratische Regime möglicherweise indirekt unterstützt werden sowie an schwer einschätzbaren Folgen für die Menschen vor Ort, deren Jobs und Lebensgrundlagen in manchen Fällen bedroht werden.(6)

Vermeidung vor Kompensation

Laut dem Umweltbundesamt sollte die Priorität immer auf der Vermeidung von Emissionen liegen. Vor Beginn einer Reise sollte also die Notwendigkeit eines Fluges hinterfragt werden und gegebenenfalls die Entscheidung hin zu einem klimafreundlicheren Verkehrsmittel getroffen werden. Erst wenn es keine Alternativen gibt, wie etwa bei einer notwendigen Flugreise, ist eine Kompensation sinnvoll. Hierbei ist es wichtig, auf hochwertige Kompensationsprojekte zu setzen, die nachweislich zum Klimaschutz beitragen und gleichzeitig soziale oder ökologische Vorteile vor Ort bieten.(2, 3)

Wie wählt man ein seriöses Kompensationsprojekt?

Es gibt eine Vielzahl von Anbietern für CO₂-Kompensationen, doch nicht alle erfüllen die gleichen Qualitätsstandards. Das Umweltbundesamt rät dazu, bei der Auswahl des Kompensationsprojekts auf Zertifizierungen wie den „Gold Standard" oder den „Verified Carbon Standard" zu achten. Diese Standards sollen garantieren, dass die Projekte strenge Anforderungen an die CO₂-Reduktion erfüllen und transparent nachweisen, wie effektiv sie sind. So kann bei der Auswahl direkt miteinander verglichen werden, welche Standards die jeweiligen Projekte erfüllen und eine fundierte Entscheidung getroffen werden.(2, 3)

Fazit: Kompensation ist kein Freifahrtschein

CO₂-Kompensation ist kein Ersatz für die Reduktion von Emissionen. Das Angebot der Kompensation vermittelt vielleicht den Eindruck, dass klimaschädliche Handlungen wie Flugreisen ganz einfach durch ein paar Klicks ausgeglichen werden können, doch das führt zur Entfernung vom wichtigen Ziel der Suffizienz, nämlich große, vermeidbare Mengen an CO2 gar nicht erst auszustoßen. Sie kann jedoch ein sinnvolles Instrument sein, wenn Maßnahmen zur Emissionsvermeidung nicht umsetzbar sind. Wichtig ist es, seriöse Anbieter und Projekte zu wählen, die nachweislich einen positiven Einfluss auf das Klima haben. Langfristig führt jedoch kein Weg daran vorbei, unsere Mobilitätsgewohnheiten zu überdenken und nachhaltigere Alternativen zu Flugreisen verstärkt zu nutzen und zu fördern.

*Quellen:

1: https://www.umweltbundesamt.de/umwelttipps-fuer-den-alltag/mobilitaet/flugreisen

2: https://www.evz.de/reisen-verkehr/reiserecht/flugzeug/co2-kompensation.html

3: https://www.umweltbundesamt.de/themen/freiwillige-co2-kompensation

4: https://utopia.de/ratgeber/fliegen-co2-kompensation-ausgleich_25460/

5: https://ooe.arbeiterkammer.at/service/presse/Flug-Kompensation-Klimasuenden-wieder-gut-machen-.html

6: https://www.quarks.de/umwelt/klimawandel/das-bringt-es-co2-emissionen-zu-kompensieren/*

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