Klimafreundliche Flugreise: Warum das Fliegen nicht so bald klimaneutral wird
© Bild erstellt von DALL-E, einem KI-System von OpenAI.
In der modernen Geschäftswelt sind Flugreisen oft unvermeidlich. Jedoch zeigt eine aktuelle Analyse, dass klimafreundliches Fliegen in den nächsten Jahrzehnten nicht realisierbar ist, sollten nicht drastische Änderungen unternommen werden. Selbst innovative Technologien und alternative Kraftstoffe reichen nicht aus, um eine klimaneutrale Luftfahrt bis 2045 zu erreichen. Dieses Ziel hat sich die Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag gesetzt.1 Ein breiter Mix aus Ansätzen ist notwendig, darunter nachhaltige Flugkraftstoffe, elektrische Antriebe und Wasserstoffbrennstoffzellen, vor allem jedoch Vermeidung und Reduzierung von Flügen, denn die genannten Technologien sind noch nicht in ausreichendem Maße entwickelt oder verfügbar.
Eine Studie des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB)2 bestätigt, dass derzeitige Technologien und Maßnahmen nicht ausreichen, um eine signifikante Reduktion der Emissionen zu erreichen. "Das Ziel einer auch nur annähernd klimaneutralen Luftfahrt ist bis 2050 unerreichbar, sofern nicht deutlich drastischere Maßnahmen wie Kerosinbesteuerung oder Einspeisequoten getroffen werden", bemängelt Professor Stefan Gössling, schwedischer Wissenschaftler und Professor an der Linnaeus University School of Business and Economics in Kalmar (Schweden) und am Department of Service Management der Universität Lund.3
Die Rolle politischer Maßnahmen
Neben technologischen Fortschritten braucht es ebenso politische Maßnahmen und Regulierungen. Beispielsweise könnten kurzfristige Maßnahmen wie die Verpflichtung zur Reduzierung des Aromatenanteils im Kerosin helfen, die Emissionen zu senken. Aromaten sind organische Stoffe im Kerosin, die zur Schmierfähigkeit, Dichte und Materialverträglichkeit beitragen.6 Man braucht sie für den sicheren Betrieb der heute verwendeten Triebwerke, weshalb ein Anteil von mindestens 50 % Kerosin im Treibstoff vorgeschrieben ist.6 Allerdings tragen Aromaten deutlich zur Rußpartikelbildung und von Kondensstreifen bei, weshalb ihre Menge zu verringern ein kurzfristiger, aber vielversprechender Ansatz ist.6 Eine Steuer auf Kerosin wird ebenfalls als sinnvoll erachtet und gefordert. Die Einführung einer solchen Kerosinsteuer sollte einen Anreiz für die Nutzung nachhaltigerer Alternativen bilden und gleichzeitig Mittel für die Forschung und Entwicklung neuer Technologien bereitstellen. Dadurch wird die Notwendigkeit zum Wechsel nachhaltiger Alternativen unterstrichen und der Druck auf den Markt erhöht. Die Politik hat ebenfalls einen Wirkhebel und somit die Verantwortung, zu dieser Veränderung beizutragen. Denn die Nachfrage nach nachhaltigen Flugkraftstoffen (SAF) muss noch ankurbelt werden6, um eine schnelle Veränderung in der Flugwirtschaft zu erreichen.3
Langfristig sind jedoch drastischere Maßnahmen, wie Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie die Einführung strengerer Regulierungen, erforderlich. Die Politik muss Rahmenbedingungen schaffen, die Innovationen fördern und die Industrie zu nachhaltigem Handeln verpflichten.
Die Bedeutung nachhaltiger Flugkraftstoffe
Nachhaltige Flugkraftstoffe (SAF) spielen eine zentrale Rolle in der Reduktion der CO2-Emissionen. Diese Kraftstoffe werden aus erneuerbaren Quellen wie Biomasse oder in synthetischen Verfahren hergestellt. Allerdings sind sie derzeit noch nicht in ausreichenden Mengen verfügbar, und ihre Produktion ist kostenintensiv.4 Vor allem aber können sie bisher nicht als hundertprozentiger Ersatz für fossile Brennstoffe eingesetzt werden, sondern nur bis maximal 50 % beigemischt werden, um die benötigten Aromaten noch zusetzen zu können.4 Diese sogenannten “Drop-in-Lösungen” werden trotzdem mit “100 % SAF” betitelt, obgleich alle von ihnen noch größtenteils fossile Brennstoffe enthalten4, um der Triebwerksinfrastruktur gerecht zu werden.
Auch wenn im November 2023 schon ein transatlantischer Flug mit 100 % SAF durchgeführt wurde, der 70 % Kohlenstoffemissionen sparen konnte, ist diese Technik noch längst nicht marktreif und auch nicht komplett klimaneutral.5 Zwar wird die nächste Generation Triebwerke ohne Aromaten auskommen, sodass 100 % SAF bedenkenlos eingesetzt werden kann, doch bei einer Lebensdauer der Flugzeuge von 25 Jahren ist das nicht ausreichend, um die Zukunft klimaneutral zu gestalten.6 Um auf 0 % Emissionen zu kommen, braucht es andere Lösungen.5 Um die Verfügbarkeit und den Einsatz nachhaltiger Flugkraftstoffe zu erhöhen, müssen sowohl die Industrie als auch die Politik gemeinsam an Lösungen arbeiten.
Weitere Innovationen
Auch elektrische Antriebe und Wasserstoffbrennstoffzellen bieten das Potenzial, die Flugemissionen signifikant zu reduzieren. Doch auch hier stehen wir vor großen Herausforderungen: Die Entwicklung effizienter und leistungsfähiger Batterien sowie die Infrastruktur für Wasserstoff sind noch nicht ausgereift.
Außerdem wird zurzeit auch die Carbon-Capture-Technologie weiterentwickelt. Dabei wird CO2 aus der Atmosphäre geholt und gebunden. So kann man es zum Beispiel für die Produktion von SAF nutzen oder in Lagerstätten speichern.6 Auch hier bedarf es aber noch an viel Forschung, um die Technologie marktreif zu etablieren und die Flugbranche wirksam umzugestalten.
Diese und weitere Forschungsprojekte und Pilotprogramme sind unerlässlich, um diese Technologien weiterzuentwickeln. Gleichzeitig muss man realistisch bleiben: Der großflächige Einsatz dieser Technologien im kommerziellen Flugverkehr wird noch viele Jahre dauern.
Alternativen zum Fliegen & Maßnahmen zur Flugvermeidung
Angesichts der enormen Herausforderungen und der begrenzten kurzfristigen Möglichkeiten, den Flugverkehr klimafreundlich zu gestalten, sollten wir alternative Reisemethoden in Betracht ziehen. Der Einsatz von Videokonferenzen hat während der Pandemie gezeigt, dass viele Geschäftsreisen vermeidbar sind. Hochgeschwindigkeits- oder Nachtzüge, Fahrgemeinschaften und andere nachhaltigere Verkehrsmittel bieten oft praktikable Alternativen, die nicht nur den CO2-Ausstoß reduzieren, sondern auch Zeit und Kosten sparen können. Vor allem Privatflugzeuge, Vielflieger (zehn Mal und mehr im Jahr) und das Reisen in der Business-Class haben große Auswirkungen auf das Klima. "Diese Gruppe einzuschränken beziehungsweise zu mehr Flügen in der Economy zu zwingen, hat ein sehr hohes Emissionsminderungspotenzial", schätzt Professor Gössling mit Blick auf Vielflieger in der Business Class ein. "Hilfreich wäre hier auch ein Verbot von Frequent Flyer Bonusprogrammen, die zu weiteren Reisen und Upgrades ermuntern." Diese Weisungen betreffen vor allem auch Unternehmen, die hier durch Geschäftsreisen einen guten Wirkhebel haben.
Fazit: Verantwortungsvoll handeln
Jede:r einzelne und jedes Unternehmen trägt die Verantwortung, den ökologischen Fußabdruck zu minimieren. Angesichts der Herausforderungen, die der Flugverkehr für die Klimaziele darstellt, ist es essenziell, dass wir auch Geschäftsreisen per Flugzeug überdenken und nachhaltigere Alternativen nutzen. Durch bewusste Entscheidungen kann ein wesentlicher Beitrag zum Klimaschutz geleistet und gleichzeitig die Vorreiterrolle einer nachhaltigen Geschäftspraxis übernommen werden.
Quellen:
3: https://www.dmm.travel/nc/news/klimafreundlich-fliegen-auf-jahrzehnte-hinaus-kaum-moeglich
4: https://www.chemietechnik.de/markt/aromaten-fuer-nachhaltiges-kerosin-411.html